Faszination Camargue
Die Traditionen mit den weißen Pferden und schwarzen Stieren gehören für die Menschen im Rhônedelta zum Alltag wie Essen und Trinken. So gibt es zwischen Saintes Maries de la Mer und Arles, zwischen Nîmes und Avignon kaum einen Ort, in dem nicht Hinweisschilder auf Stier- und Pferdeveranstaltungen ganzjährig zum Straßenbild gehören, Absperrgitter immer griffbereit und die Spuren der Tiere allgegenwärtig sind. Hier in dieser ganz besonderen Gegend im Süden von Frankreich finden Pferd, Stier und Mensch zu einer gemeinsamen „Lebensform“ mit magischer Anziehungskraft. Verbunden mit mediterranem Klima, vielseitiger Landschaft und den dazugehörenden kulinarischen Genüssen ergreift sie den interessierten und für solcherlei Reize offenen Menschen mit voller Wucht und je mehr man sich darauf einlässt, umso mehr verfängt man sich in ihrem geheimnisvollen Netz.
Denn wer ihn aufgespürt hat, jenen unverwechselbaren Duft dieser Region, jenen herben Geruch der Tiere, jenen salzig-würzigen Geschmack der Landschaft, jenes allgegenwärtige Zirpen niemals sichtbarer Zikaden, jenes Schnauben der Pferde und Stampfen der Stiere, jenen Mistralwind im ewigen Wechsel mit den Mücken, die in dunklen Schwärmen das Auge vernebeln und die verschwitzte Haut als Mienenfeld unzähliger Stiche zur existentiellen Wahrnehmung werden lassen, all jene werden diese großartige, orchestrale Komposition aus Licht und Farbe, aus Klängen und Gerüchen niemals wieder vergessen.
Unvergessene Beweise solch außergewöhnlicher Sucht haben uns Vincent van Gogh und viele seiner Zeitgenossen auf Bildern in den Museen dieser Welt hinterlassen.
Der Reiz und die Faszination dieser Landschaft bleibt unverändert und springt leicht über. Das aber immer harte, auch entbehrungsreiche Leben in dieser einzigartigen Landschaft im Einklang mit der Natur und ihren Geschöpfen hat aus alltäglichen Notwendigkeiten Gebräuche und Lebensart zu Traditionen werden lassen, die nachzuvollziehen nur möglich ist, wenn man sich voll und ganz darauf einlässt. Aber immer wieder bleibt ein kleines Geheimnis zurück, welches wir nicht erspüren können, sosehr wir uns auch bemühen, sind unsere Wurzeln doch anderswo verankert.